9. November 2020 13:30
Bund verletzt eigene Prinzipien
Albert Steck schreibt in der gestrigen NZZ am Sonntag zur Nicht-Senkung des Mindestzinses in der beruflichen Vorsorge durch den Bundesrat:
«Im Widerspruch zu dieser sicherheitsbewussten Politik (gegenüber den Banken) steht allerdings der Entscheid des Bundesrats von dieser Woche. Demnach müssen die Pensionskassen ihren Versicherten auch im nächsten Jahr einen Mindestzins von 1% gutschreiben. Obwohl die Zinsen tief im negativen Bereich liegen und die Unsicherheit an den Aktienmärkten sehr hoch bleibt. Während der ersten Corona-Welle im Frühling sind die Börsenkurse um über 20% eingebrochen. Ein solcher Rückschlag kann auch in den nächsten Monaten wieder stattfinden.»
Weiter führt er aus, dass viele Pensionskassen bei einem solchen Ereignis in echte Schwierigkeiten geraten. Schon jetzt könnten diese nur knapp eine Unterdeckung verhindern. Im Krisenfall fehlten somit die Reserven zur Deckung künftiger Verpflichtungen. Mit ein Grund sind die unrealistischen Vorgaben der Politik an die Pensionskassen – konkret: der zu hohe Umwandlungssatz. Darauf weisen die Pensionskassen schon seit über 10 Jahren hin. Man kann nicht beides haben: einen hohen BVG-Mindest-Umwandlungssatz und einen hohen Mindestzins.
Deshalb hat auch das Expertengremium, welches dem Bundesrat einen Vorschlag für den Mindestzins unterbreitet, die BVG-Kommission, zu einem Zins von 0,75% geraten – was der Bundesrat allerdings ignorierte. Während er den Banken mehr Sicherheit vorschreibt, zwingt er die Vorsorgeinstitute stärker ins Risiko.
Albert Steck führt weiter aus: «Auch den Versicherten erweist der Bundesrat mit seinem Entscheid einen Bärendienst. Wenn es nämlich gut läuft an der Börse, vergüten die Pensionskassen von sich aus einen deutlich höheren Zins, zum Beispiel im Boomjahr 2019. Kommt es aber zu einem Crash, so schwächt der Mindestzins ausgerechnet jene Kassen, welche ohnehin nur knapp über die Runde kommen. Denn ein überhöhter Zins zwingt sie, ihre Risikofähigkeit stärker zu reduzieren. Das heisst, sie müssen Aktien verkaufen, womit sie langfristig weniger Rendite erzielen.
Das Grundübel der beruflichen Vorsorge besteht darin, dass immer mehr Parameter zum Gegenstand politischer Konflikte geworden sind. Das Paradebeispiel ist der Umwandlungssatz: Weil dieser gesetzlich festgeschrieben ist, müssen die Pensionskassen die Erwerbstätigen zugunsten der Rentner benachteiligen. Nun hat der Bund auch beim Mindestzins einen politischen Entscheid gefällt und die Experten übergangen. Mit dem Effekt, dass die Glaubwürdigkeit der Vorsorge weiteren Schaden nimmt.»
Der ASIP hatte 0.5% gefordert.
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