Allgemein , Rahmenbedingungen , Sicherheit
11. September 2020 14:30
Vertrauen in die zweite Säule
Diverse Medien kämpften gestern um die Aufmerksamkeit von Lesenden mit Schlagzeilen wie "Nur 15 Prozent glauben an die Zukunft der beruflichen Vorsorge" oder "Vertrauen in Pensionskassen immer schlechter". Hintergrund war das am Donnerstag von Raiffeisen veröffentlichte Vorsorgebarometer. Dieses basiert auf einer vom 17. bis 26. Juni 2020 durch das Link-Institut bei 1'028 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren durchgeführten Befragung. Die Studie dazu wurde in Zusammenarbeit mit der School of Management and Law der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) erstellt.
Dort steht allerdings nicht, dass das Vertrauen nur in die zweite Säule gesunken sei, sondern allgemein: "Auch ansonsten geniesst das Drei-Säulen-System kein hohes Vertrauen bei den Befragten. Insbesondere die Abhängigkeit von der demographischen Entwicklung macht vielen Sorgen."
Weiter heisst es: "Ein Drittel der Bevölkerung plant eine Frühpensionierung. Gleichzeitig wird mit einem höheren Geldbedarf im Pensionsalter gerechnet. Diese hohen Erwartungen stehen im Konflikt zum weiterhin tiefen Engagement in der persönlichen Vorsorge." Und gleich danach wird dann die Säule 3A angepriesen. Ein Schelm, wer sich fragt, wieso Banken, die Säule 3A-Produkte vertreiben, regelmässig Studien veröffentlichen, in denen die Vertrauenswürdigkeit der zweiten Säule in Frage gestellt wird.
Die zweite Säule ist stabil
Fakt ist, dass die zweite Säule ihren Leistungsauftrag weiterhin erfüllt, mit dem Ziel, dass die Rente aus BVG und AHV mindestens 60% des bisherigen Einkommens beträgt. Berücksichtigt man die Zinsentwicklung haben die Pensionskassen die Altersguthaben ihrer Versicherten zudem zuverlässig und konstant immer sehr gut verzinst. Selbst in diesem Jahr der Pandemie haben sie nach einem erheblichen Einbruch im Frühjahr bisher im Durchschnitt eine Rendite erwirtschaftet, die sie ihren Versicherten gutschreiben können. Meldungen, dass es eine dringende Reform braucht, betreffen nur die Pensionskassen, die sich nahe am BVG-Obligatorium bewegen, und damit eine kleine Minderheit der Pensionskassen. Die grosse Mehrheit der Versicherten ist vom Reformbedarf gar nicht betroffen.
(Es sei denn, der Bundesrat würde sich mit seinem Vorschlag von allgemeinen Lohnzuschlägen durchsetzen. Dann würde die Versicherten von Pensionskassen, bei denen kein Reformbedarf besteht, für diejenigen anderer Pensionskassen mit zahlen müssen. Es besteht jedoch Hoffnung, denn es braucht keine solchen Lohnzuschläge, weil die betroffenen Vorsorgeeinrichtungen genügend Rückstellungen gebildet haben, um die Reform intern zu finanzieren. Deshalb schlägt der ASIP auch vor, dass die Finanzierung der Ausgleichsmassnahmen dezentral durch die jeweiligen Pensionskassen erfolgt.)
Wie immer man es drehen will – die zweite Säule der Altersvorsorge in der Schweiz ist stabil aufgestellt und die kommende Reform wird dafür sorgen, dass dies auch so bleibt. Für ein schwindendes Vertrauen gibt es keinen Grund.
Weitere Ergebnisse des Vorsorgebarometers: Im Vergleich zur letztjährigen Umfrage planen deutlich weniger Arbeitnehmende eine Frühpensionierung. Eine Mehrheit könne sich sogar vorstellen, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten - allerdings vorwiegend in einem Teilzeitpensum. Ein Drittel befürwortet das Rentenalter 65 für alle. Immer mehr Personen ziehen eine Auszahlung des Pensionskassenkapitals einer Rente vor.Weiter kann sich ein Grossteil der Bevölkerung vorstellen über das ordentliche Rentenalter zu arbeiten, weil sie sonst mit Leistungskürzungen rechnen müssten.
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