25. August 2023 16:51
Deckungsgrad: Höher ist nicht immer besser
Sollten Pensionskassen einen möglichst hohen Deckungsgrad anstreben?
Wie die Handelszeitung kürzlich berichtete ist diese Frage nicht eindeutig mit Ja zu beantworten. Im folgenden zitieren wir diesen Artikel und ergänzen ihn mit Erläuterungen, die die Verständlichkeit verbessern sollen.
Handelszeitung: «Im Gegensatz zur gängigen Auffassung kann der Deckungsgrad einer Pensionskasse auch zu hoch sein.»
Beim Deckungsgrad handelt es sich um die «wichtigste Messgrösse der finanziellen Lage und (temporären) Stabilität einer Pensionskasse», als Grundlage für Pensionskassenvergleiche.
Der Deckungsgrad weist das Verhältnis zwischen dem Vermögen und den Verpflichtungen einer Pensionskasse aus. «Ab einem Deckungsgrad von 100 Prozent hat eine PK genug finanzielle Mittel, um alle Leistungsansprüche der Versicherten zu decken. Liegt er darunter, besteht eine Unterdeckung. Fällt der Deckungsgrad deutlich oder für längere Zeit unter 100 Prozent, muss die Pensionskasse Sanierungsmassnahmen einleiten – zum Beispiel, indem sie von den Arbeitgebenden und den versicherten Erwerbstätigen zusätzliche Sanierungsbeiträge verlangt.»
Sämtliche Pensionskassen zeigten nach dem schwierigen Börsenjahr 2022 im Durchschnitt einen deutlich tieferen Deckungsgrad als ein Jahr zuvor. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Berechnung des Deckungsgrads durch verschiedene Parameter beeinflusst werden kann.
Zum Beispiel durch den technischen Zinssatz.
Das bei Rentenantritt angesparte und durch die Rentenleistungen langsam weniger werdende Altersguthaben wird durch die Pensionskasse weiterhin gewinnbringend angelegt. Wie lange das angesparte Altersguthaben ab Renteneintritt für die Finanzierung der Rente ausreicht, hängt also nicht nur von seiner Höhe zu Beginn und den laufenden Rentenauszahlungen ab, sondern auch von der Rendite, die während der Pensionierungsdauer auf dem Kapital erwirtschaftet werden kann. Um abzuschätzen, wie lange das Altersguthaben tatsächlich ausreicht, muss man diese Rendite berücksichtigen. Weil man zukünftige Renditen - bzw. Zinsen - unmöglich vorhersehen kann, trifft man eine hypothetische, aber gut begründete Annahme. Diese bezeichnet man dann als den technischen Zinssatz. Dieser darf nicht mit der aktuellen Verzinsung des Alterskapitals oder dem BVG-Mindestzinssatz verwechselt werden. Aktuell bewegt sich der technische Zinssatz in der Regel zwischen 1.5 und 2%.
Quelle: https://www.asip.ch/de/wissen/fakten/
Eine Anhebung des technischen Zinssatzes führt also automatisch zu einem höheren Deckungsgrad, da dadurch der gegenwärtige Wert der benötigten Vorsorgekapitalien für die Rentenverpflichtungen reduziert wird, wie die Handelszeitung schreibt.
«Laut einer allgemeinen Regel steigt der Deckungsgrad um bis zu 5 Prozentpunkte, wenn der technische Zinssatz um 0,5 Prozentpunkte erhöht wird. So wie eine Unterdeckung nicht für jede PK die gleichen Konsequenzen hat – öffentlich-rechtliche Kassen geniessen die Sicherheit» der öffentlichen Hand –, «ist auch die Struktur einer Kasse entscheidend für ihre finanzielle Stabilität».
«Ein höherer Anteil an Rentnerinnen und Rentnern im Vergleich zu den Arbeitnehmenden schränkt die Handlungsfähigkeit einer PK im Unterdeckungsfall ein, da garantierte Renten nicht gekürzt werden können. Bei einem geringeren Rentneranteil hingegen hat die Kasse mehr Optionen und bessere langfristige Zukunftsperspektiven. Im Gegensatz zur gängigen Auffassung kann der Deckungsgrad einer Pensionskasse auch zu hoch sein. Eine Wertschwankungsreserve von etwa 15 Prozent des Gesamtvermögens reicht in der Regel aus, um Renditeschwankungen aufzufangen. Bei übermässig hohen Deckungsgraden und Schwankungsreserven fragt man sich, warum die Kasse sie nicht zur Ausschüttung an die Versicherten oder zur Verbesserung der Leistungen verwendet. Beim Austritt können Versicherte nämlich nur «100 Prozent» mitnehmen, daher ist ein überhöhter Deckungsgrad, zu dem sie beigetragen haben, unfair. Beim Deckungsgrad ist also höher nicht immer besser und tiefer nicht immer schlechter. Pensionskassen sollten auch nicht von einer vielversprechenden, langfristigen Anlagestrategie abrücken, nur weil sie eine temporäre Unterdeckung ausweisen. Eine differenzierte Betrachtung des Deckungsgrads ist unabdingbar – und sollte für alle fair sein.»
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