21. März 2023 17:17
Selbstkritische Betrachtungen eines Journalisten
Das Parlament hat die BVG-Reform zwar verabschiedet, aber die Debatte geht weiter. Nicht zuletzt wegen des Referendums, das die politische Linke angekündigt hat. Deshalb lohnt es sich auch, hin und wieder zurückzuschauen, was in der Diskussion über die Reform gut lief und was schief ging.
Hansueli Schöchli hat am 11. März in der NZZ eine Analyse der Medienberichterstattung veröffentlicht, die wir im Kern hier zusammenfassen möchten. Zitate sind kursiv.
Es geht in der Altersvorsorge um das Gleiche wie in der Klimapolitik: Wollen wir den Jüngeren ein geordnetes Haus hinterlassen? In der Klimapolitik ist diese Sichtweise in den Medien gängig, in der Altersvorsorge ist "Nachhaltigkeit" jedoch kein populäres Thema. In der Klimapolitik ruft Nachhaltigkeit nach Staatsinterventionen, in der Altersvorsorge ruft Nachhaltigkeit nach Subventionsabbau, höherem Rentenalter und mehr Selbstverantwortung.
Ein zweites Kernelement hinter den Medientendenzen ist geschäftliches Kalkül: So wie die Politiker mehrheitlich von älteren Wählern leben, leben die traditionellen Medien mehrheitlich von älteren Kunden. Die Meinungen der Medien spiegeln nicht immer die Wahrheit wider. Oft sind sie von ökonomischen Interessen geleitet. So versuchen die Medien beispielsweise, ältere Kunden nicht zu verärgern, in dem sie ihnen nicht sagen, dass sie zu Lasten der Jüngeren subventioniert werden.
Ein drittes Kernelement ist die Komplexität der Vorsorgesysteme. Wer deren Mechanik verstehen will, muss mehr lesen als nur das Communiqué einer Gewerkschaft oder Partei.
Doch Journalisten handeln wie die meisten Menschen in eigener Sache in der Regel ökonomisch: Es geht darum, mit einem minimalen Aufwand den maximalen Ertrag zu erzielen. Bei den Journalisten hiesse dies maximale Aufmerksamkeit (moderner: möglichst viele Klicks).
Es wäre unlogisch und vermessen, anzunehmen, dass Journalisten irgendwie «bessere» Menschen wären als andere Berufsleute.
Doch einer Branche, die besonders gerne mit dem Moralfinger auf andere zeigt, würde es gut anstehen, diesen Finger ab und zu auf sich selber zu richten.
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