Reformen , ASIP Faktenchecks

18. Dezember 2022 12:23

Tat­sa­chen­ver­dre­hun­gen in der Sonn­tags­zei­tung

Mi­scha Ae­bi und De­nis von Burg ver­dre­hen in der heu­ti­gen Sonn­tags­zei­tung ganz ge­wal­tig Tat­sa­che, um Stim­mung ge­gen die ak­tu­el­len Re­form­vor­schlä­ge der zwei­ten Säu­le zu ma­chen. So ver­bes­se­rungs­be­dürf­tig der ak­tu­el­le Vor­schlag des Stän­de­rats ist, zie­len sie da­bei aber in die falsche Rich­tung. Den Vor­schlag des Bun­des­rats und der So­zi­al­part­ner po­si­tio­nie­ren sie un­kri­tisch als bes­ser und so­zia­ler, ob­wohl die­ser zu ei­ner mas­si­ven und neu­en Um­ver­tei­lung zu­las­ten der Jun­gen füh­ren und mas­siv teu­rer wür­de, oh­ne gleich­zei­tig die Pro­ble­me zu lö­sen, die durch die Re­form ge­löst wer­den sol­len. 

Kon­kret geht es im heu­ti­gen Ar­ti­kel um die fol­gen­den Ir­re­füh­run­gen, wo­bei wir uns ans Sand­wich-Prin­zip hal­ten und zu­erst die kor­rek­te In­for­ma­ti­on schil­dern, dann die Fehl­in­for­ma­ti­on und an­sch­lies­send den Fak­ten­check: 

Nein, nicht nur jun­ge Ge­ring­ver­die­ner pro­fi­tie­ren von der BVG-Re­form

«Ein­zig ganz jun­ge Ge­ring­ver­die­ner wür­den pro­fi­tie­ren. … Denn bei der die­se Wo­che von der klei­nen Kam­mer vor­ge­schla­ge­nen Pen­si­ons­kas­sen­re­form sind jun­ge Men­schen in Be­ru­fen mit tie­fen Löh­nen die Ein­zi­gen, die ei­ni­ger­mas­sen gut weg­kom­men. Nach ak­tu­el­lem Ge­setz be­käme ei­ne heu­te 25-jäh­ri­ge Ver­käu­fe­rin mit ei­nem durch­schnitt­li­chen Jah­res­lohn von 40’000 Fran­ken der­einst ne­ben der AHV ei­ne Pen­si­ons­kas­sen­ren­te von 430 Fran­ken im Mo­nat. Ge­mä­ss Vor­schlag des Stän­de­rats wä­ren es neu sat­te 794 Fran­ken, wie ei­ne Aus­wer­tung der Sonn­tags­Zei­tung zeigt. Die Zah­len gel­ten für An­ge­stell­te in Fir­men, die bloss ei­ne ob­li­ga­to­ri­sche Pen­si­ons­kas­se ha­ben. Al­le an­de­ren kön­nen von der Re­form der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge BVG, wie der Stän­de­rat sie plant, nicht wirk­lich Bes­se­rung er­war­ten.»

Tat­sa­che ist je­doch, dass die Re­form auch nicht das Ziel hat, die Pen­si­ons­kas­sen-Ren­ten für je­nen Teil der Ver­si­cher­ten zu ver­bes­sern, die durch die Re­form kei­ne Ein­bus­sen ha­ben wür­den. Denn ir­gend­wer müss­te das be­zah­len und das könn­ten wie­der­um nur die Jun­gen sein. Die Jun­gen je­doch soll­ten durch die Re­form ei­gent­lich ent­las­tet wer­den. Denn sie sub­ven­tio­nie­ren heu­te die Rent­ner, de­ren Al­ters­ka­pi­tal auf­grund der ge­stie­ge­nen Le­bens­er­war­tung nicht für ei­ne Ren­te bis zum Le­bens­en­de aus­reicht, die so ge­nann­te Um­ver­tei­lung. Das Ziel der Re­form ist nicht ei­ne Ver­bes­se­rung der Ren­ten von Ver­si­cher­ten, die kei­ne Ein­bus­sen ha­ben, son­dern ei­ne Re­duk­ti­on der Um­ver­tei­lung bei gleich­zei­ti­gem Er­halt des Ren­ten­ni­ve­aus, so dass nie­mand Ein­bus­sen hat. Von mög­li­chen Ein­bus­sen be­trof­fen wä­ren aber nur die­je­ni­gen 14 Pro­zent der Ver­si­cher­ten (im Ar­ti­kel heisst ews 15 Pro­zent), wel­che nur na­he am Ob­li­ga­to­ri­um (mi­ni­mal) ver­si­chert sind. 

Die BVG-Re­form ent­las­tet die Pen­si­ons­kas­sen, die dies be­nö­ti­gen bel gleich­zei­ti­gem Er­halt des Ren­ten­ni­ve­aus

«Denn die Re­form, wel­che die Pen­si­ons­kas­sen hät­te ent­las­ten und gleich­zei­tig das Ren­ten­ni­veau für al­le min­des­tens si­chern und für Schlech­ter­ver­die­nen­de oder Teil­zeit­ar­bei­ten­de so­gar ver­bes­sern sol­len, er­füllt die­se Ver­spre­chen kaum noch. Schon die mitt­le­re Ge­ne­ra­ti­on mit klei­nem Ein­kom­men wird kaum mehr ei­ne Ver­bes­se­rung der Ren­ten spü­ren.»

Tat­sa­che ist, wie oben schon ge­schil­dert, dass die Re­form kei­ne Ver­bes­se­run­gen brin­gen soll, son­dern ei­ne Ent­las­tung der jün­ge­ren Ge­ne­ra­tio­nen in den Pen­si­ons­kas­sen, wel­che ih­re Ver­si­cher­ten nur mi­ni­mal ver­si­chern. Da­von be­trof­fen sind nur 14 Pro­zent der Ver­si­cher­ten. Al­le an­de­ren wer­den durch die Re­form gar nicht tan­giert. Sie be­nö­ti­gen des­halb auch kei­ne «Ver­bes­se­run­gen».  

Nein, Pen­si­ons­kas­sen straft Teil­zeit­ar­bei­ten­de nicht

«Die Pen­si­ons­kas­se straft Teil­zeit­ar­bei­ten­de über­pro­por­tio­nal.»

Die­se Aus­sa­ge ist sach­lich falsch. Kei­ne Pen­si­ons­kas­se be­straft ih­re Ver­si­cher­ten. Was hier ge­meint ist: als die zwei­te Säu­le ge­schaf­fen wur­de, woll­te man ver­hin­dern, dass Tief­lohn­emp­fän­ger für ei­ne eher ge­rin­ge zu er­war­ten­de Ren­te wäh­rend ih­res Ar­beits­le­bens Sp­ar­bei­trä­ge auf Sei­te le­gen müs­sen. Das wird als Über­ver­si­che­rung be­zeich­net. Weil die Ren­ten der Pen­si­ons­kas­sen nicht vom be­zahlt wer­den, son­dern aus dem per­sön­lich an­ge­spar­ten Al­ters­ka­pi­tal, gibt es oh­ne an­ge­spar­tes Al­ters­ka­pi­tal auch kei­ne Ren­te. Das als Be­stra­fung zu be­zeich­nen, ist je­doch ab­surd und dient wohl eher der Stim­mungs­ma­che, als der sach­lich kor­rek­ten Auf­klä­rung. 

Sämt­li­che Vor­schlä­ge zu BVG-Re­form hal­ten die Ver­spre­chen ge­gen­über Ge­ring­ver­die­nen­den

«Denn im Ab­stim­mungs­kampf zur AHV-Re­form hat­ten die Be­für­wor­ter den äl­te­ren Ge­ring­ver­die­nen­den (es sind mehr­heit­lich Frau­en) bei der Pen­si­ons­kas­sen­re­form einen Aus­gleich ver­spro­chen.»

Tat­sa­che ist, dass sämt­li­che Vor­schlä­ge für die Re­form der zwei­ten Säu­le tat­säch­lich einen Aus­gleich mög­li­cher Ren­ten­ver­lus­te vor­se­hen, im Ein­klang mit de­ren Ziel, dass das Ren­ten­ni­veau er­hal­ten bleibt. Gleich­zei­tig sie die Re­form Ver­bes­se­run­gen für Teil­zeit­ar­bei­ten­de und Tief­lohn­emp­fän­ger vor. Wel­ches Ver­spre­chen an­geb­lich nicht er­füllt wor­den sei, bleibt so­mit rät­sel­haft. 

Fa­zit

Der ak­tu­el­le Vor­schlag des Stän­de­rats be­darf in der Tat noch Ver­bes­se­run­gen durch den Na­tio­nal­rat. Ein­zel­ne In­for­ma­tio­nen im Arit­kel un­ter­strei­chen dies auch. Je­doch kann dies nicht als Be­grün­dung da­für die­nen, das ur­sprüng­li­che Mo­dell von Bun­des­rat und So­zi­al­part­nern aus der Mot­ten­kis­te zu ho­len, denn die­ses wür­de ers­tens nicht das Ziel ei­ner Re­duk­ti­on des Um­ver­tei­lung er­rei­chen und käme zwei­tens viel zu teu­er. Viel­mehr soll­te sich die Re­form stär­ker am Mo­dell ASIP/Mit­tel­weg ori­en­tie­ren: Aus­gleichs­zah­lun­gen ein­zig und al­lein an Per­so­nen, die sonst ei­ne Ren­ten­bus­se er­lei­den wür­den und Fi­nan­zie­rung aus den ex­tra da­für ge­bil­de­ten und in aus­rei­chen­dem Aus­mass vor­han­de­nen Rück­stel­lun­gen. Das wä­re die bes­te Lö­sung für al­le. 

#BVG #BVG-Reform #Zweite Säule #Faktencheck

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