9. Dezember 2011 17:20
Verschiedene Arten von Kosten bei Pensionskassen
Viel war in den letzten beiden Jahren die Rede von den Verwaltungskosten der beruflichen Vorsorge. Gerade im Zusammenhang mit den - aufgrund des Marktumfelds notwendigen - Senkungen von Mindestzins und Umwandlungssatz kam immer wieder die Forderung auf, die Kosten zu senken. Der Kassensturz berichtete letzte Woche, die Verwaltung koste 3.9 Milliarden Franken pro Jahr, eine vor einer Woche veröffentlichte Studie des Bundesamtes für Sozialversicherungen BSV und des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO kam auf nur rund 1,8 Milliarden Franken pro Jahr. Auf den ersten Blick ist das verwirrend. Wie sind die Unterschiede zu erklären? - Ganz einfach. Es handelt sich um verschiedene Arten von Kosten. Der Kassensturz bezog sich bei den Verwaltungskosten auf eine Ende Mai veröffentlichte Studie der c-alm AG (hier zum Download). Sie unterscheidet zwischen drei Kostekategorieren (in der Studie "Aggregate" genannt):
Administrative Verwaltungskosten
Marketing- und Werbekosten
Vermögensverwaltungskosten
Sie berücksichtigt ebenfalls, dass die Rechnungslegung der Vorsorgeeinrichtung nicht alle tatsächlichen anfallenden Kosten verarbeiten kann. Bei den nicht in den Betriebsrechnungen der Pensionskassen enthaltenen Vermögensverwaltungskosten handelt es sich in erster Linie um Gebühren und Transaktionskosten, die anfallen, wenn Dritte mit dem Anlegen des Geldes beauftragt werden. Diese Kosten werden der Pensionskasse nicht explizit in Rechnung gestellt. Sie werden sozusagen im Gesamtpaket implizit verrechnet. Dadurch erscheinen die Kosten nicht in der Betriebsrechnung der PK. Zusätzlich umfassen die nicht enthaltenen Vermögensverwaltungskosten die in so genannten strukturierten Produkten enthaltenen Gebühren, implizite Transaktionskosten (wie sie beispielsweise im Obligationenhandel üblich sind) und nicht rückforderbare, ausländische Quellensteuern. Zu guter Letzt sind auch noch Versicherungsgebühren zu berücksichtigen. Prämien für Risiko- oder Vollversicherungen, die von PK abgeschlossen werden, enthalten implizit Verwaltungs-, Vertriebs- und Vermögensverwaltungsaufwendungen der jeweiligen Versicherung. Da die PK die (Gesamt-) Prämien als Versicherungsaufwand abbuchen, erscheinen diese in den Prämien enthaltenen Kostenbestandteile ebenfalls nicht als solche in den Betriebsrechnungen der Vorsorgeeinrichtungen. c-alm erwähnt der Vollständigkeit halber noch: «In der Betriebsrechnung einer Vorsorgeeinrichtung können zudem auch Personal- und Infrastrukturkosten nicht oder nur unvollständig ausgewiesen sein, sofern diese nämlich auf freiwilliger Basis vom Arbeitgeber übernommen beziehungsweise den Vorsorgeeinrichtungen nicht weiterver- rechnet werden.» Das Ziel der Studie von c-alm war es, die gesamten Kosten der Vermögensverwaltung unter Berücksichtigung dieser nicht in den Betriebsrechnungen erscheinenden Kosten zu ermitteln. Dazu wurde eine Stichprobe mit 73 Vorsorgeeinrichtungen gemacht, und man kam zum Ergebnis, dass die Vermögensverwaltungskosten in einem Bereich zwischen 0.15% und 1.86% des Vorsorgevermögens liegen. Der volumengewichtete Durchschnittswert betrug 0.45%. Damit resultierte für die gesamten Vermögensverwaltungskosten in der 2. Säule ein Betrag von CHF 3.9 Milliarden Franken. Die Studie «Verwaltungskosten der 2. Säule in Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen», die vor einer Woche veröffentlich wurde, untersuchte hingegen «nur» den Verwaltungsaufwand, also z. B. Buchhaltungsarbeiten, individuelle Kontenführung, Information und Auskünfte an aktive Versicherte und Rentner/innen. Die Autoren der Studie zeigen auf, dass nicht spezielle Ereignisse wie Invaliditäts- und Todesfälle oder Vorbezüge für Wohneigentum die grössten Kosten herbeiführen, auch wenn viel Zeit für deren Verarbeitung benötigt wird.
Es sind die häufigsten Verwaltungsaufgaben der 2. Säule, die wenig Zeit pro Fall beanspruchen, die mit den höchsten Kosten zu Buche schlagen (Bearbeitung der Ein- und Austritte, Änderung Lohn/Beschäftigungsgrad). Die Autoren kommen zum Schluss, dass ein grosser Teil der Verwaltungskosten auf die grundlegenden Eigenschaften der 2. Säule zurückführen sind, das heisst das Kapitaldeckungsverfahren, die Selbständigkeit der Vorsorgeeinrichtungen und die Vorsorgelösungen. Eine markante Reduktion der Verwaltungskosten wäre nur mit einschneidenden Vereinfachungen des Systems der beruflichen Vorsorge zu bewerkstelligen (z.B. Standardisierung der Pensionskassenreglemente und/oder markanter Rückgang der Anzahl Vorsorgeeinrichtungen). Eine punktuelle Vereinfachung der Gesetzgebung brächte keine nennenswerte Kostenreduktion, da es keine Eins-zu-eins-Beziehung zwischen den Rechtsnormen und Ereignissen und Aufgaben gibt. Jede einzelne Aufgabe wird durch ein ganzes Bündel von Rechtsnormen bestimmt. Umgekehrt hat praktisch jede Rechtsnorm Auswirkungen auf eine Vielzahl von Aufgaben. Die Studienergebnisse dienen dem Bundesamt für Sozialversicherungen als Grundlage für weitere Überlegungen zur administrativen Vereinfachung im Rahmen des Berichts Zukunft 2. Säule. Der Bericht wird eine tiefergehende Analyse der aktuellen Probleme sowie Lösungsansätze enthalten. Das SECO wird die Ergebnisse für das laufende Projekt im Zusammenhang mit der Beantwortung der Postulate Fournier und Zuppiger zur Messung der Regulierungskosten für die Unternehmen verwenden.
Beide Studien geben dem ASIP Rückenwind. Schon lange fordert der Schweizerische Pensionskassenverband mehr Transparenz der Banken bei den verdeckten Kosten von Anlageprodukten, wie sie in der ca-alm-Studie untersucht werden. Durch eine bessere Kenntnis dieser Kosten liessen sich wahrscheinlich Kostenreduktionen auch besser durchsetzen. Die zweite Studie unterstützt die Forderung nach «nicht noch mehr Vorschriften», weil diese eben auch die Kosten in die Höhe treiben, was letztendlich zum Nachteil der Versicherten wäre. Stattdessen braucht es Lösungen, die die Verwaltung vereinfachen.
Diesen Eintrag kommentieren