16. November 2022 17:17
Plötzlich war das Guthaben «weg»
Marius Leutenegger bschreibt in der NZZ am Sonntag eine Erfahrung, die ihn veranlasste, den jährlichen Vorsorgeausweis seiner Pensionskasse ganz genau anzuschauen, etwas das der ASIP schon seit vielen Jahren propagiert. Aber nicht nur, um mögliche Fehler zu entdecken – denn wo Menschen arbeiten, da passieren nunmal Fehler – sondern auch, um zu wissen, welches Vermögen man mit den Jahren angespart hat. Viele Menschen sind sich dessen nicht bewusst, wie viel Vermögen sie – in der zweiten Säule – besitzen und würden sich vielleicht mehr damit beschäftigen und sich mehr dafür interessieren, welche politischen Razhmenbedingungen es braucht, um dieses Vermögen zu schützen und bestmöglich zu verzinsen.
Auszüge aus dem Artikel in der NZZ am Sonntag. Für eine vollständige Version wenden Sie sich bitte an den Verlag.
Einmal im Jahr erhalten Sie von der Pensionskasse einen Nachweis Ihrer Vorsorge. Die Angaben zu den künftigen Leistungen sind nicht für bare Münze zu nehmen.
Vor zwei Jahren verfiel ich in eine milde Form der Schnappatmung, als ich meinen Pensionskassenausweis überflog: Fast mein ganzes Altersguthaben war weg. Nur noch ein Achtel von dem, was ich erwartete, wurde ausgewiesen. Meine eilige Nachfrage bei der Pensionskasse (PK) ergab, dass ich im Jahr zuvor entweder ein Haus gekauft oder eine Scheidung durchgemacht haben müsse. Ich will ja nicht anmassend sein - aber mir wäre beides aufgefallen.
Die PK ging dann auf die Suche nach meinem Geld und fand nach einigen Wochen heraus: Eine Vertragsänderung hatte dazu geführt, dass für mich ein neues Konto eröffnet worden war. Das Guthaben vom alten Konto wurde allerdings nicht darauf überwiesen. Der freundliche Kundenberater der PK brachte schliesslich altes und neues Geld zusammen, und alles hatte wieder seine Richtigkeit. Meine Lehre daraus: Man sollte den PK-Ausweis, den man Anfang Jahr erhält, genau anschauen.
Wäre die Differenz in meinem Fall nicht so gewaltig gewesen, wäre sie mir wohl kaum aufgefallen. Denn ich war bislang keiner von denen, die jeweils den aktuellen Vorsorgeausweis mit demjenigen des Vorjahres vergleichen. Das sollte man aber tun, denn überall können sich folgenreiche Fehler einschleichen.
Grob gesagt muss das ausgewiesene Altersguthaben um den Zins und die Sparbeiträge gewachsen sein, die Sie und Ihr Arbeitgeber überwiesen haben. Das ist in der Regel ein stattlicher Betrag, denn gemäss BVG - das ist das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlasse- nen- und Invalidenvorsorge - beträgt der PK-Beitrag je nach Alter zwischen 7 und 18 Prozent des versicherten Lohns.
Lohnangaben kontrollieren
Weiter sollten Sie sorgfältig prüfen, ob der gemeldete Lohn stimmt. Aber Vorsicht: Der gemeldete ist nicht der versicherte Lohn. Dieser ist um den sogenannten Koordinationsabzug von maximal 25 095 Franken kleiner. Der Koordinationsabzug entspricht sieben Achteln einer maximalen AHV-Rente. Er soll vermeiden, dass Lohnbestandteile doppelt versichert werden, also in der ersten und der zweiten Säule.
Nur am Rande: Der Koordinationsabzug ist wesentlich dafür verantwortlich, dass Teilzeitangestellte überproportional schlechte Pensionen beziehen. Beim Altersguthaben gibt es oft noch die Angabe «davon BVG-Obligatorium». Obligatorisch versichert ist nur der Lohn bis gegenwärtig 86040 Franken; was darüber liegt, gilt als «Überobligatorium». Das ist insofern entscheidend, als eben gewisse Vorgaben nur für das Obligatorium gelten, etwa bezüglich der Verzinsung - diese beträgt gegenwärtig 1 Prozent - und des Umwandlungssatzes, der für die Berechnung der Rente aufgrund des Altersguthabens angewendet wird.
Im Obligatorium beläuft sich der Umwandlungssatz auf 6,8 Prozent. Im Überobligatorium sind die PK frei, und sie wenden in der Regel einen wesentlich tieferen Satz an. Die Angabe des Altersguthabens ist die wichtigste Zahl auf dem PK-Ausweis. Das ist Ihr Geld, in der Regel das grösste Sparkonto, das Sie besitzen.
Vieles andere auf dem Papier ist schlicht Spekulation. Etwa die Angabe des künftigen Altersguthabens oder der Leistungen im Alter. Letztere beruhen auf drei Annahmen: dass Sie erstens bis zur Pensionierung gleich viel verdienen, zweitens die Zinsen unverändert bleiben und drittens der Umwandlungssatz nicht angepasst wird.
Je jünger Sie sind, desto unwahrscheinlicher ist, dass alles bleibt, wie es ist. Ebenso spekulativ ist die Angabe der Leistung bei Frühpensionierung. Aber immerhin lassen sich aus all diesen Angaben Grössenordnungen ablesen - und man kann entsprechend reagieren.
(...)
Gegenwärtig dürften einige PK schlechte Nachrichten präsentieren. Die Aktienmärkte haben sich schlecht entwickelt, Obligationen und sogar Immobilien werfen keinen oder kaum Gewinn ab. Darum ist die Rendite, welche die PK erzielen, heute kleiner als die Verzinsung, die sie im Obligatorium garantieren müssen. Das heisst, sie geraten in Schieflage. Dramatisch ist die Situationen indessen noch nicht, denn die letzten Jahre waren sehr gut. 2021 erzielten die PK in der Schweiz eine durchschnittliche Rendite von 8,4 Prozent, der Zehn-Jahres- Durchschnitt beträgt 5,4 Prozent. Die erzielten Erträge sind allerdings je nach Pensionskasse sehr unterschiedlich.
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