2. November 2022 11:38
Knausern die Pensionskassen jetzt beim Zins?
Finanz und Wirtschaft berichtet heute darüber, dass die Pensionskassenvermögen durch Aktien- und Obligationenverluste Wert verloren haben. Ein Fünftel der Pensionskassen sind unterdeckt.
«Dennoch müssen die Gelder der Erwerbstätigen und das für Rentenzahlungen blockierte Kapital verzinst werden - selbst wenn wie im bisherigen Jahresverlauf ein Anlageverlust entstanden ist. Zur finanziellen Sanierung würden primär die Erwerbstätigen über eine Minderverzinsung des Altersguthabens beigezogen, sagt auf Anfrage Heinz Rothacher, CEO des Pensionskassenberaters Complementa.» Denn den Zins auf dem Vorsorgegesparten der Erwerbstätigen vermindern oder gar auf null stellen, ist erlaubt.
«Der BVG-Mindestzins, den der Bundesrat auf 1% festgesetzt hat, gilt nur für den Basisteil der beruflichen Vorsorge (Obligatorium). Das übersteigende Pensionskassenguthaben, das Erwerbstätige und ihr Arbeitgeber über zusätzliche Lohnbeiträge gebildet haben, untersteht weder dem Mindestzins noch dem gesetzlichen Mindestumwandlungssatz. Die Details sind auf dem individuellen Vorsorgeausweis der Pensionskasse ausgewiesen.»
«Pensionskassen würden genau für solche Marktphasen Wertschwankungsreserven halten, sagt auf Anfrage Iwan Deplazes, Leiter Asset Management der Zürcher Kantonalbank» und bestätigt damit, worauf der ASIP in Jahren von sehr guter Performance immer wieder verweist: ein Teil der Performance in guten Jahren muss zurückgelegt werden für schlechtere Jahre. Die Grafik oben zeigt, wie schnell es gehen kann, dass die Reserven benötigt werden.
Die finanzielle Situation ist von Pensionskasse zu Pensionskasse anders, und so werden auch die Zinsentscheide der Stiftungsräte divergieren.«Gut gestellte Institute oder solche mit einem mehrjährig vorfinanzierten Zinsbeteiligungsmodell können weiterhin grosszügig agieren. Geschwächte oder durch bereits hohe fixe Rentenzahlungen beengte Vorsorgeträger werden vermutlich knausern.
Dass Sanierungsmassnahmen primär von den Erwerbstätigen gestemmt werden, hat seine Richtigkeit. Es geht um ihre für das Alter in der Pensionskasse gesparten und investierten Gelder. Im zurückliegenden Jahr, als die Finanzmärkte noch haussierten, sind den Vorsorgegeldern gemäss Auswertung von Complementa im Schnitt knapp 4% Zins gutgeschrieben worden. Über den zwanzigjährigen Zeitraum waren es im Jahresschnitt 2,4%.
Unterdeckte Pensionskassen müssen nicht sogleich zu drastischen Mitteln greifen. Doch die Aufsichtsbehörde verlangt einen Massnahmenplan, mit dem der Missstand binnen fünf bis sieben Jahren behoben werden soll. Von den Erwerbstätigen dürfen erst dann eigentliche Sanierungsbeiträge verlangt werden, wenn andere Massnahmen nicht zum Ziel führen. Dann muss der Arbeitgeber mindestens gleich hohe Sanierungsbeiträge leisten.
Wichtiges zur beruflichen Vorsorge
Die berufliche Vorsorge ist für alle obligatorisch, die ein Anstellungsverhältnis und einen Jahreslohn von mindestens rund 20000 Fr. aufweisen. Individuell für das Alter gespart wird entweder in der Pensionskasse des Betriebs oder in einer der KMU-Sammelpensionskassen. Gesetzliche Bestimmungen wie Mindestzins und Rentenumwandlungssatz werden auf das Endvermögen angewendet, das sich aus den minimal vorgegebenen Sparbeiträgen auf Lohnteilen bis rund 86000 Fr. jährlich bildet. Was ergänzend von Arbeitnehmer und Arbeitgeber eingelegt worden ist, gilt als überobligatorisches Guthaben. Für dessen Verzinsung und Verwendung gilt das Reglement der jeweiligen Vorsorgeeinrichtung.»
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