ASIP-Stellungnahmen , Reformen , Umwandlungssatz
27. April 2022 15:06
BVG-Reform: Kommission auf Abwegen
«Neues Modell der SGK-S wirft Fragen auf» lautet der Titel der Medienmitteilung, die der ASIP vor wenigen Minuten veröffentlicht hat. Dabei kommt er zum Fazit: «Kommission auf Abwegen!». Dies, weil der heute veröffentlichte Reformvorschlag der Ständeratskommission das eigentliche Ziel der Reform verfehlt (eine Reduktion der schädlichen und systemfremden Umverteilung), weil stattdessen ein massiver Rentenausbau zulasten der jüngeren Generationen vorgeschlagen wird und weil die Finanzierung nicht durch die vorhandenen und ausreichenden Reserven geschehen soll, sondern ausgerechnet in Zeiten sinkender Kaufkraft völlig unnötig durch zusätzliche Lohnprozente.
«Diese Mehrkosten werden vor allem die unmittelbar betroffen Branchen (u.a. Gastro und Detailhandel) zu tragen haben. Die Sozialpartner müssen die Frage, ob die finanzielle Belastung nicht zu hoch ist, beantworten», schreibt der ASIP in seiner Mitteilung.
Die vollständige Medienmitteiliung können Sie hier herunterladen oder im folgenden online lesen:
BVG-Reform: Neues Modell der SGK-S wirft Fragen auf
Eine Mehrheit der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-S) schlägt für die BVG-Reform ein Modell vor, das leider in wesentlichen Bereichen von demjenigen des Nationalrates abweicht. Die neuen Elemente betreffen die Ausgestaltung des Sparprozesses und die Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration. Die Umverteilung in der 2. Säule wird durch diesen Vorschlag erhöht, so dass die Lasten der Jungen auf lange Zeit massiv ausgebaut werden. Damit wird das Ziel der Reform verfehlt. Unter dem Strich resultiert nicht der Leistungserhalt durch eine Anpassung an die verlängerte Lebenserwartung, sondern ein Leistungsausbau, den vor allem die jüngeren Generationen teuer bezahlen müssen.
Die zwar im Vergleich zum Nationalrat angepasste Senkung der Eintrittsschwelle (CHF 17‘208) und die neue Definition des Koordinationsabzuges (15% des AHV-Lohnes) führen zu einem Ausbau der Vorsorge. Die Lohnbasis, auf der die Altersgutschriften berechnet werden, wird bei den tiefsten Löhnen stark erhöht. Bezahlt werden kann dieser Ausbau in der zweiten Säule aber nur durch die Versicherten selbst, und zwar vor allem durch die jüngeren Generationen, denen das Kapital dann später für die eigene Rente fehlen wird. Diese Mehrkosten werden vor allem die unmittelbar betroffen Branchen (u.a. Gastro und Detailhandel) zu tragen haben. Die Sozialpartner müssen die Frage, ob die finanzielle Belastung nicht zu hoch ist, beantworten.
Für die Kompensation der direkt von der Senkung des Umwandlungssatzes betroffenen Übergangsgeneration wird mit knappen 7 zu 6 Stimmen ein komplexes und teures System für 20 Jahrgänge vorgeschlagen. Festzuhalten ist, dass zum Beispiel die Kopplung der Anspruchsvoraussetzung für einen Rentenzuschlag an den AHV-Lohn in keinem direkten Zusammenhang mit der Betroffenheit der versicherten Personen mit der BVG-Reform steht. 70 Prozent der Versicherten würden in der Übergangsgeneration einen vollen und 18 Prozent einen reduzierten Rentenzuschlag erhalten, obwohl nur für rund 14 Prozent der versicherten Personen überhaupt ein Zuschlag erforderlich wäre, um ihr Rentenniveau nach der Reform zu erhalten. Es wird Geld nach dem Giesskannenprinzip verteilt, welches auch zukünftigen Rentnern zugutekommt, die von der Reform gar nicht betroffen sind und dementsprechend gar keine Einbussen zu befürchten hätten. Beim Nationalratsmodell sind es bereits 35 bis 40 Prozent der ersten 15 betroffenen Jahrgänge, die den vollen Zuschlag erhalten. Der Zuschlag wird also mehr als der doppelten Zahl der direkt betroffenen Versicherten ausbezahlt. Die neu vorgeschlagene Ausdehnung des Bezügerkreises eines Rentenzuschlages ist nicht zielführend, sondern torpediert das eigentliche Reformziel, eine Reduktion der Umverteilung.
Wichtig ist, dass Kostenwahrheit bezüglich der Kompensation hergestellt wird. Im Vergleich zum Vorschlag des Nationalrates führt das Modell der Ständeratskommission letztlich zu massiv höheren Mehrkosten und einer klaren Verfehlung des Ziels der Reform. Der ausgewiesene Vergleich zwischen den Kosten für das Nationalratsmodell und den Kosten für das SGK-S-Modell ist nicht aussagekräftig. Die in der Übersichtstabelle für das Modell der SGK-S ausgewiesenen Kosten von CHF 0.4 Mia spiegeln in keinster Weise die effektiv eingegangenen Verpflichtungen nach dem Umlageverfahren. Dies steht in einem klaren Gegensatz zum Nationalratsmodell, welches im Kapitaldeckungsverfahren finanziert ist. Hier sind die effektiven kapitalisierten Kosten angegeben. Es werden also Äpfel (Umlagekosten) mit Birnen (effektive kapitalisierte Kosten) verglichen. Das SGK-S-Modell ist gemäss Berechnungen von c-alm mit rund CHF 20 Mia in Tat und Wahrheit mehr als doppelt so teuer wie das Modell des Nationalrates mit rund CHF 9 Mia.
Zentrale Finanzierung der Kompensation ist unnötig und erhöht Umverteilung
Die zentrale Finanzierung der Zuschüsse durch den Sicherheitsfonds benachteiligt jene Vorsorgeeinrichtungen und deren Versicherte, die im Rahmen der Sozialpartnerschaft bereits Massnahmen zur nachhaltigen Sicherung der Renten getroffen haben. Die Beiträge der Pensionskassen an den Sicherheitsfonds sollen in Prozenten der Austrittsleistung (proportional zum Altersguthaben der jeweiligen PK) berechnet werden. Dies führt zu einer starken Umverteilung innerhalb der PK und zwischen den PK. Zu fordern ist zudem, dass die bei den Pensionskassen und Versicherungsgesellschaften vorhandenen Rückstellungen für einen zu hohen (BVG-)Umwandlungssatz für die Finanzierung verwendet werden können. Das teilzentralisierte Modell des Nationalrates ist dem Vorschlag der SGK-S insgesamt vorzuziehen.
Fazit: Kommission auf Abwegen!
Wir werden die Beschlüsse der SGK-S im Hinblick auf die Beratungen der Vorlage in der Sommersession im Ständerat im Detail prüfen. Bedauerlich ist es, dass die Kommission nicht auf dem vom Nationalrat klar beschlossenen und auch von verschiedenen Verbänden, wie zum Beispiel dem Schweizerischen Baumeisterverband, GastroSuisse, Arbeitgeber Banken, Swiss Retail Federation, Bauernverband, dem Schweizerischen Pensionskassenverband ASIP sowie den Angestelltenverbänden unterstützten Lösungsweg (Mittelweg/ ASIP) aufbaut.
Reformen in der beruflichen Vorsorge sind dringend notwendig. Gemäss Mittelweg/ ASIP soll aber eine Reform die langfristige Sicherung der Renten im Kapitaldeckungsverfahren gewährleisten, um so sicherzustellen, dass das Ersparte vollumfänglich beim Versicherten bleibt. Der Einbau einer verstärkten Umlagekomponente widerspricht dem Sinn und Zweck der zweiten Säule. Zudem soll die Reform finanziell für die Versicherten und Arbeitgeber tragbar und durch die Pensionskassen operativ einfach umsetzbar sein. Wir erwarten vom Ständerat in wesentlichen Bereichen eine Korrektur des Vorschlages seiner Kommission.
Medienmitteilung der SGK-S vom 27.04.2022:
https://www.parlament.ch/pres
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