11. Juni 2021 11:55
Pensionskassen reduzieren Umverteilung
Wie die Neue Zürcher Zeitung gestern berichtete, nimmt die Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentnern in der beruflichen Vorsorge ab. Dies hatte Mitte Mai bereits die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) mitgeteilt. Sie schätzte die Umverteilung im vergangenen Jahr noch auf 4,4 Mrd. Fr. nach 7,2 Mrd. Fr. im Jahr 2019.
Diese Reduktion der stossenden Umverteilung von Jung zu Alt betrifft jedoch nur die umhüllenden Pensionskassen. Bei diesen sind die Versicherten über das Obligatorium hinaus versichert. Weil der gesetzlich festgelegte BVG-Mindest-Umwandlungssatz nur für den obligatorischen Teil des Alterskapitals gilt, senken die Pensionskassen den Umwandlungssatz im überobligatorischen Teil so stark, dass der Durchschnitt dem Wert entspricht, der für die Parameter Lebens- und Renditeerwartung mathematisch korrekt ist. Die allermeisten Pensionskassen sind umhüllend. Sie können die Stellschrauben der Vorsorge also auch ohne Reform korrekt einstellen. Nur die wenigen Pensionskassen, die nur am BVG-Minimum versichern, benötigen die laufende BVG-Reform, dies aber umso dringender.
Es ist deshalb stossend, dass gemäss Bundesrats- und Sozialpartner-Vorschlag für die Finanzierung der Reform auch die grosse Mehrheit Versicherten zur Kasse gebeten werden soll, die die Reform nicht benötigen. Erst recht unfair wird dieser Vorschlag, wenn man weiss, dass dies gar nicht notwendig ist, weil jede Pensionskasse genügend Rückstellungen hat, aus denen sie die Reform selbst finanzieren kann, auch die BVG-nahen Pensionskassen. Mehr dazu hier.
Ausserdem der Reduktion der Umverteilung erfährt man in der gestrigen NZZ unter anderem, dass die Schweizer Pensionskassen weiterhin von der Geldschwemme der Zentralbanken profitieren. «Die Deckungsgrade der Vorsorgeeinrichtungen sind 2020 auf den höchsten Stand in den vergangenen zehn Jahren gestiegen, wie die am Mittwoch präsentierte Pensionskassen-Studie der zur Zürcher Kantonalbank (ZKB) gehörenden Investmentgesellschaft Swisscanto zeigt.»
«Der Hauptgrund sind die Anlageergebnisse. So haben die Pensionskassen im Durchschnitt im vergangenen Jahr eine Rendite von knapp 4% erzielt. ... Die Pensionskassen profitierten infolge der Rettungsprogramme von den steigenden Aktienkursen und Immobilienpreisen. In der Folge stieg der Aktienanteil der Pensionskassen 2020 im Vergleich mit dem Vorjahr um 1,1 Prozentpunkte auf 32,7%, laut Swisscanto ein Rekordstand. Der Anteil an Immobilienanlagen lag bei 24,4%, in Obligationen waren – bei sinkender Tendenz – 28,9% der Gelder angelegt.» Dies erklärt auch, wieso man bei den Pensionskassen keinen Bedarf für eine Anpassung der Anlagevorschriften (BVV2) sieht, wie dies vor allem Bankenvertreter fordern. Im Gegenteil warnen die Pensionskassen sogar davor, weil eine Lockerung ein umfangreicheres Risikomanagement nach sich ziehen würde, was die Verwaltungskosten erhöhen würde.
«Die Umfrage bringt auch neue Resultate zum Thema nachhaltige Anlagen. Sie zeigt, dass bereits ein Viertel der Pensionskassen ESG-Kriterien in ihrem Anlagereglement eingeführt hat. Im Jahr 2015 seien es erst 8% gewesen. Weitere 9% der Vorsorgeeinrichtungen planten, dies in den kommenden drei Jahren zu tun. Die Abkürzung ESG steht für die englischen Begriffe Environment – Social – Governance, also für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
Bei den gegenwärtigen Diskussionen über die berufliche Vorsorge könnte man den Eindruck gewinnen, dass von den Pensionskassen erwartet werde, alle politischen Probleme zu lösen, kommentierte Hanspeter Konrad, Direktor des Pensionskassenverbands Asip. Die Daten aus der Studie zeigten, wie viel die Pensionskassen im Bereich der nachhaltigen Anlagen bereits umgesetzt hätten. ESG- und Klimarisiken seien Teil der ökonomischen Risiken und müssten entsprechend berücksichtigt werden. Dies liege im Interesse der Versicherten.»
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