20. April 2021 12:32
Falsche Tabus in der Altersvorsorge?
Gerhard Schwarz von der NZZ beschäftigt sich mit Tabus in der Altersvorsorge:
"Erstens verlangt jede nachhaltige Finanzierung der Altersvorsorge, dass man sauber rechnet. Und es ist weiss Gott eine einfache Rechnung: Wenn man früher in Rente geht und daher im statistischen Durchschnitt (von dem fast jeder Einzelfall abweicht) länger Rente bezieht, muss die jährliche Rente kleiner ausfallen; wenn man länger arbeitet und somit ab dem Rentenbezug eine kleinere Lebenserwartung hat, kann die Rente höher ausfallen. Das gilt für die AHV, und es gilt für die zweite Säule.
Länger arbeiten bedeutet zweierlei, nämlich länger Beiträge zahlen und weniger lang Rente beziehen. Derzeit strotzt das System vor Ungerechtigkeiten. Die Umwandlungssätze in der zweiten Säule sind viel zu hoch, und wenn man über 65 hinaus arbeitet und bereits AHV bezieht, zahlt man trotzdem weiter AHV-Prämien, ohne dass sich dies je in der AHV-Rente niederschlüge.
Damit verknüpft ist, zweitens, dass man sich von der Idee eines fixen Rentenalters verabschieden muss. Stattdessen sollte man ein Referenzalter einführen, etwa 60, ab dem man völlig flexibel eine Rente beziehen kann. Wenn man sauber rechnet, ist klar, dass man mit 60 eine kleine Rente bekommt, mit 65 eine deutlich höhere und mit 67 eine noch höhere. Die grosse gesundheitliche Belastung besonders anstrengender Berufe lässt sich mit einem Zuschlag ausgleichen.
Zur sauberen Rechnung gehört aber vor allem die Berücksichtigung der Lebenserwartung jeder Alterskohorte. Es kann sein, dass einige Jahrgänge höhere, nachfolgende Jahrgänge aber wieder etwas niedrigere Renten erhalten, weil deren Lebenserwartung im Referenzalter höher ist. Die Gesamtsumme der Zahlungen ab dem Rentenbezug bleibt gleich, aber die Rente pro Jahr ist unterschiedlich.
Keine Schonung der Rentner
Schliesslich sollte man, drittens, den Irrglauben überwinden, man könne die Altersvorsorge unter völliger Schonung der Rentner sanieren. Besitzstandwahrung für alle heutigen Rentner und vielleicht noch für die Jahrgänge, die erst demnächst 65 werden, mag politisch verlockend sein. Das verhindert nämlich, dass sich die Älteren gegen eine Reform stemmen. Aber bis eine Reform greift, wird es auf diese Weise ein Jahrzehnt oder länger dauern."
Letzteres ist heikel, eine Initiative dazu brachte nicht genügend Unterschriften zusammen. Aber die ersten beiden Punkte stimmen mit den Forderungen des ASIP überein.
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