26. Januar 2021 12:00
NZZ: Pensionskassen sollten Umverteilung individuell aufzeigen
Unter dem Titel "Unfaire 2. Säule: Wer am meisten draufzahlt" beschreibt Albert Steck in der jüngsten NZZ am Sonntag einen Vorschlag, der den Reformbedarf der zweiten Säule verdeutlichen würde. Er sieht ein grosses Problem darin, dass zu wenig transparent aufgezeigt wird, wie viel Geld die Erwerbstätigen in der zweiten Säule an die Renten der Pensionierten tatsächlich zahlen. Insgesamt sind es laut Jahresbericht der Oberaufsichtskommission der beruflichen Vorsorge 6.8 Mrd. Franken jährlich.
"Es geht um viel Geld. Und doch wirken die Milliardenbeträge abstrakt. Denn die Verluste sind versteckt; die Versicherten können sie nicht unmittelbar wahrnehmen. Der Effekt zeigt sich erst bei der Pensionierung, in Form von tieferen Renten – doch bis es dazu kommt, dauert es bei den meisten noch Jahre.
«Die zweite Säule muss für die Versicherten transparenter werden», sagt Jörg Odermatt, Mitgründer des Vorsorgeunternehmens PensExpert. Er hat einen einfachen Vorschlag: «Jeder muss über den eigenen Pensionierungsverlust Bescheid wissen. Deshalb sollten alle Pensionskassen verpflichtet sein, den Betrag im jährlichen Vorsorgeausweis zu deklarieren.» Technisch, ist Odermatt überzeugt, wäre dies kein Problem, weil die Kassen die Zahl ohnehin berechnen.
Somit würde im Vorsorgeausweis nicht nur stehen, wie viel Kapital der Versicherte gespart hat und wie hoch die erwartete Rente ausfällt. Zusätzlich wäre ebenso der Betrag aufgeführt, den die Kasse einsetzt, um die Leistungen der Rentner zu finanzieren.
Für den Einzelnen erreicht dieser Pensionierungsverlust schnell einmal mehrere zehntausend Franken, wie eine Analyse von PensExpert zeigt. Die Firma hat die Umverteilung für eine durchschnittliche Pensionskasse seit 2015 berechnet. Das Resultat: Pro 100 000 Fr. Kapital betrug die jährliche Umverteilung 1600 Fr. Dies ist ein Mittelwert für sämtliche Kassen und Versicherten.
Die Berechnung zeigt, wie viel jeder Versicherte für die Subventionierung der Rentner bezahlt. Am Beispiel eines 48-jährigen Bankangestellten mit einem Lohn von 120 000 Fr. und einem PK-Kapital von 370 000 Fr.: Pro Jahr verliert er wegen der Umverteilung 6000 Fr. In den 17 Jahren bis zur Pensionierung erreicht das Verlustpotenzial 100 000 Fr.
«Heute weisen die Kassen diese Geldflüsse nicht aus», erklärt Odermatt. «Doch was passiert, wenn die Versicherten die Ungerechtigkeit in Franken und Rappen vorgerechnet bekommen? Der Druck, die dringend nötige Reform der Vorsorge anzupacken, würde massiv zunehmen.» Auch die Kassen seien unglücklich mit dem heutigen System, sagt der Vorsorgeexperte. Doch werde ihnen die Umverteilung vom Gesetz aufgezwungen.
... «Die Leidtragenden sind vor allem Personen im mittleren Alter zwischen etwa 45 und 55», sagt Jörg Odermatt. «Sie haben bereits viel Kapital angehäuft. Zudem dauert bei ihnen die Umverteilung über eine lange Zeit, so dass der Verlust richtig ins Geld geht.»"
Beim ASIP rennt Herrr Odermatt offene Türen ein. Der ASIP hat den Pensionskassen schon vor Jahren empfohlen, auf die Pensionierungsverluste hinzuweisen. Darüberhinaus hat der ASIP einen praxisorientierten Vorschlag für die Reform der zweiten Säule ausgearbeitet, der die zurecht kritisierte Umverteilung erheblich reduzieren würde, ohne Einbussen beim Rentenniveau. Die Ausgleichsmassnahmen für die kurz vor der Pensionierung stehende Übergangsgeneration können dabei vollständig aus frei werdenden Rückstellungen finanziert werden. Zusätzliche Lohnabzüge, wie sie der Bundesrat vorschlägt, sind gar nicht nötig.
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