Kosten , Performance , Reformen , Umwandlungssatz , ASIP Faktenchecks

13. März 2023 10:36

20 Mi­nu­ten ver­brei­tet Falsch­in­for­ma­tio­nen über Kos­ten der Pen­si­ons­kas­sen

20 Mi­nu­ten be­rich­tet heu­te über die Re­form der zwei­ten Säu­le und ver­brei­tet da­bei wi­der bes­se­res Wis­sen Falsch­in­for­ma­tio­nen sei­tens der Ge­werk­schaf­ten zu den Kos­ten der Ver­mö­gens­ver­wal­tung. Zwar wer­den auch Na­tio­nal­rä­tin Ruth Hum­bel und Stän­de­rat Alex Ku­precht zi­tiert, aber wie­der ein­mal stellt sich die Fra­ge, wie­so ei­ne Zei­tung Falschaus­sa­gen un­ge­prüft über­nimmt. Wä­re es denn nicht ei­ne Kern­auf­ga­be ei­ner Zei­tung, sich um ei­ne kor­rek­te Dar­stel­lung von Sach­ver­hal­ten zu küm­mern, an­statt Falsch­in­for­ma­tio­nen zu ver­brei­ten? Darf man sich an­ge­sichts sol­cher Vor­gän­ge noch dar­über wun­dern, dass die so ge­nann­ten Mein­stream-Me­di­en ein Glaub­wür­dig­keits­pro­blem ha­ben und sich par­al­lel da­zu Ver­schwö­rungs­mär­chen und al­ler­lei wei­te­rer Un­fug ver­brei­ten? 

Die zwei­te Säu­le funk­tio­niert wie ein ei­ge­nes Spar­kon­to

Zur Er­in­ne­rung: Die Ren­te in der zwei­ten Säu­le wird aus ei­nem Spar­kon­to fi­nan­ziert, in dem je­der wäh­rend sei­nes Ar­beits­le­bens für sich selbst ein Al­ters­ka­pi­tal an­spart, das zu­sätz­lich von den Pen­si­ons­kas­sen ge­winn­brin­gend an­ge­legt wird. Man nennt dies Ka­pi­tal­de­ckungs­ver­fah­ren, denn die ei­ge­ne Ren­te ist durch das ei­ge­ne Ka­pi­tal ge­deckt und zu­sätz­lich – zur Si­cher­heit – auch noch durch Re­ser­ven aus der Ren­di­te des Ka­pi­tals des Kol­lek­tivs al­ler Ver­si­cher­ten. Des­halb braucht es für die zwei­te Säu­le auch ei­ne Ver­mö­gens­ver­wal­tung, denn je­de und je­der Ver­si­cher­te/r soll am En­de so viel wie mög­lich auf dem ei­ge­nen Kon­to ha­ben, um ei­ne mög­lichst ho­he Ren­te zu er­hal­ten. Das ist das Ziel der Pen­si­ons­kas­sen und un­ter­schei­det sie von der AHV, in der die Ar­beit­neh­mer – im so ge­nann­ten Um­la­ge­ver­fah­ren – di­rekt die Pen­sio­nier­ten be­zah­len.

Kos­ten sind we­ni­ger re­le­vant als Ren­di­ten

Gleich­zei­tig er­klärt die­se Kern­auf­ga­be der Pen­si­ons­kas­sen auch, wes­halb nicht die Kos­ten der Ver­mö­gens­ver­wal­tung im Vor­der­grund ste­hen darf. Denn ob ei­ne Ver­mö­gens­ver­wal­tung das Ka­pi­tal güns­tig oder teu­er an­legt, bei den Ver­si­cher­ten kommt im­mer nur die Net­to­ren­di­te an. Ziel muss des­halb sein, ei­ne mög­lichst ho­he Net­to­ren­di­te zu er­wirt­schaf­ten. Bei man­chen An­la­ge­klas­sen ist dies mit ho­hen Kos­ten ver­bun­den, bei an­de­ren we­ni­ger, da­für viel­leicht aber auch mit mehr Ri­si­ko. Un­ter dem Strich muss das Geld al­so mög­lichst ri­si­ko­arm und den­noch mög­lichst ge­winn­brin­gend an­ge­legt wer­den.

Ei­ne rei­ne Kos­ten­be­trach­tung greift des­halb zu kurz. Der Di­rek­tor des ASIP hat­te dies 20 Mi­nu­ten auf An­fra­ge hin auch er­klärt und dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ge­nau des­halb AVH und zwei­te Säu­le nicht mit­ein­an­der ver­gli­chen wer­den kön­nen. Ge­nau­so gut könn­te man ein Au­to mit ei­nem Schuh ver­glei­chen. Bei­de die­nen der Fort­be­we­gung, aber bei­de funk­tio­nie­ren völ­lig un­ter­schied­lich. Lei­der wur­de er im Ar­ti­kel je­doch nicht er­wähnt. 

20 Mi­nu­ten ver­brei­tet wi­der bes­se­res Wis­sen Falsch­in­for­ma­tio­nen

20 Mi­nu­ten schreibt heu­te: "«Die Pen­si­ons­kas­sen jam­mern seit Jah­ren, aber ih­re Ge­win­ne spru­deln», sagt Ur­ban Ho­del, Spre­cher beim schwei­ze­ri­schen Ge­werk­schafts­bund (SGB). Zu­dem sei­en die Ver­wal­tungs­kos­ten im Pen­si­ons­kas­sen-Ge­schäft enorm hoch. Das stellt auch die eid­ge­nös­si­sche Fi­nanz­kon­trol­le in ih­rem ak­tu­el­len Be­richt vom Ja­nu­ar 2023 fest: 1500 Fran­ken kos­tet die Ver­wal­tung des Vor­sor­ge-Ver­mö­gens pro Kopf und Jahr. 6,7 Mil­li­ar­den Fran­ken ins­ge­samt. Ur­ban Ho­del: «Zum Ver­gleich: Die Ver­wal­tung des AHV-Ver­mö­gens kos­tet pro Kopf und Jahr 26.50 Fran­ken. Bei den Pen­si­ons­kas­sen sind die Kos­ten im­mer nur ge­stie­gen.»" Im­mer­hin wird auch er­wähnt, dass SVP-Stän­de­rat Alex Ku­precht, Prä­si­dent ei­ner An­la­ge­stif­tung, sich die 1500 Fran­ken Ver­wal­tungs­kos­ten pro Per­son, wel­che die Fi­nanz­kon­trol­le er­rech­net hat, nicht er­klä­ren kann. «Ich ha­be gros­se Zwei­fel an de­ren Rich­tig­keit», sagt er auf An­fra­ge von 20 Mi­nu­ten. In sei­ner Zeit als Pen­si­ons­kas­sen­be­ra­ter sei der Kos­ten­druck gross ge­we­sen und die Kos­ten pro Ver­si­cher­ten sei­en ge­senkt wor­den.

"Der Ver­gleich mit der AHV sei schlicht nicht mög­lich, sagt Ku­precht. Bei den Pen­si­ons­kas­sen ge­be es vie­le Mu­ta­tio­nen wie Ein­trit­te, Aus­trit­te und Ren­ten­fäl­le, die we­sent­lich kom­pli­zier­ter zu voll­zie­hen sei­en. Die je­wei­li­gen Spar­gut­ha­ben müss­ten an neue Vor­sor­ge-Ein­rich­tun­gen über­wie­sen wer­den. Und wenn Ver­si­cher­te ih­ren neu­en Ar­beit­ge­ber nicht an­mel­den, müs­se die Pen­si­ons­kas­se nach­for­schen. Zu­dem hät­ten die Pen­si­ons­kas­sen vie­le Auf­la­gen zu er­fül­len und Prü­fun­gen durch Re­vi­si­on und Auf­sicht zu be­ste­hen. «Die Pen­si­ons­kas­sen ge­hö­ren wohl zu den am meis­ten be­auf­sich­tig­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen.»

Die Rech­nung, dass bei schlan­ke­ren Struk­tu­ren die Ren­ten um bis zu 200 Fran­ken hö­her aus­fie­len, sei «pau­schal und will­kür­lich», sagt der Schwy­zer. Sie zie­le dar­auf ab, die 2. Säu­le zu dis­kre­di­tie­ren." ... Die­ser An­sicht ist auch Mit­te-Na­tio­nal­rä­tin Ruth Hum­bel. «Es ist klar, dass die Ge­werk­schaf­ten die 2. Säu­le schwä­chen und die Um­ver­tei­lung aus­bau­en wol­len. Spa­ren scheint für die Lin­ke des Teu­fels zu sein.» Sie wol­le nicht in Ab­re­de stel­len, dass man die Kos­ten bei den Pen­si­ons­kas­sen sen­ken könn­te. Doch den Lin­ken ge­he es «ein­zig und al­lein um ei­ne Schwä­chung der Pen­si­ons­kas­se» zwecks po­li­ti­scher Zie­le, «ak­tu­ell die 13. AHV-Ren­te».

Zu­dem könn­ten die Ge­werk­schaf­ten über die Ar­beit­neh­men­den-Ver­tre­tung in den obers­ten Pen­si­ons­kas­sen-Or­ga­nen über die Kos­ten mit­ent­schei­den, sagt Hum­bel. Ur­ban Ho­del sagt: «Wo wir kön­nen, neh­men wir Ein­fluss, und das funk­tio­niert auch, et­wa bei der Pu­bli­ca oder bei der BVK.» Doch bei den ra­sant wach­sen­den Sam­mel­stif­tun­gen sei die Ar­beit­neh­mer-Ver­tre­tung nicht aus­rei­chend ge­währ­leis­tet, son­dern nur noch pro for­ma."  

Un­ter­schla­ge­ne Fak­ten

Auch der ASIP war an­ge­fragt wor­den. Die von Di­rek­tor Han­spe­ter Kon­rad mit­ge­teil­ten Fak­ten wur­den je­doch un­ter­schla­gen: «In der AHV wird Geld um­ver­teilt, von den Er­werbs­tä­ti­gen zu den Pen­sio­nier­ten. In der zwei­ten Säu­le wird Geld ge­winn­brin­gend an­ge­legt. Das er­for­dert viel mehr Auf­wand. Zu­dem ist es aus­sa­ge­kräf­ti­ger, die Kos­ten in Re­la­ti­on zum Ver­mö­gen zu stel­len. Die zu be­wirt­schaf­ten­den Pen­si­ons­kas­sen­gel­der be­lau­fen sich auf ins­ge­samt 1200 Mil­li­ar­den Fran­ken. Die Ver­mö­gens­ver­wal­tungs­kos­ten be­tra­gen rund 0,5 Pro­zent. Die­ser Ge­samt­kos­ten­satz ist ins­ge­samt an­ge­mes­sen. Die Hö­he der Ver­mö­gens­ver­wal­tungs­kos­ten hängt auch mass­ge­blich da­von ab, in wel­che An­la­ge­klas­sen ei­ne Pen­si­ons­kas­se in­ves­tiert. Ge­ra­de in Al­ter­na­ti­ven An­la­ge­klas­sen fal­len hö­he­re Kos­ten an, wel­che sich aber auch durch hö­he­re Ren­di­ten und Ri­si­ko­re­du­zie­run­gen recht­fer­ti­gen. Zu­dem sind die Ver­mö­gens­ver­wal­tungs­kos­ten über die Zeit auch ge­sun­ken. Die Kos­ten der Ver­mö­gens­ver­wal­tung wer­den näm­lich in den Füh­rungs­or­ga­nen der Pen­si­ons­kas­sen re­gel­mäs­sig auf Ver­bes­se­rungs­po­ten­ti­al hin ana­ly­siert. Die Op­ti­mie­rung der Kos­ten ist ein kon­stan­ter Auf­trag für ei­ne Pen­si­ons­kas­se.»

Wer­bung für Com­pa­ris statt aus­ge­wo­ge­ner Be­richt­er­stat­tung

In ei­nem wei­te­ren Ar­ti­kel be­kommt das Ver­gleich­spor­tal Com­pa­ris ei­ne Wer­be­platt­form. De­ren PR-Ver­ant­wort­li­cher ver­brei­tet wie­der die stei­le The­se, ei­ne freie Wahl der Pen­si­ons­kas­se wür­de die ak­tu­el­len Pro­ble­me lö­sen, wie auch das Mär­chen von der Ab­zo­cke. Die gros­sen Nach­tei­le und Ri­si­ken für die Ver­si­cher­ten bei ei­ner frei­en Wahl der Pen­si­ons­kas­se (hier nachzulesen) wer­den na­tür­lich un­ter­schla­gen. Das so ge­nann­te Ver­gleich­spor­tal fän­de bei ei­ner frei­en Wahl ver­mut­lich ei­ne neue Ein­nah­me­quel­le, letzt­end­lich fi­nan­ziert aus dem Al­ters­ka­pi­tal der Ver­si­cher­ten, das zu schüt­zen man vor­gibt. Ein Schelm, wer da­bei Pro­fi­t­in­ter­es­sen ver­mu­ten könn­te... 

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