Studie BAK
Ein volkswirtschaftliches Portrait der Pensionskassen
Das Altersvorsorgesystem der Schweiz verfügt über eine stark ausgebaute, kapitalgedeckte zweite Säule: die berufliche Vorsorge (BV).
Es ist Aufgabe der Pensionskassen, die Gelder der Versicherten innerhalb der beruflichen Vorsorge zu verwalten und die Leistungen bereitzustellen. BAK Economics hat die damit einhergehende volkswirtschaftliche
Bedeutung der Pensionskassen im Auftrag des Schweizerischen Pensionskassenverbandes (ASIP) untersucht. Die Studie ist ein Update des 2018 erschienenen volkswirtschaftlichen Portraits der Pensions-kassen.
Neben den Leistungen zugunsten der Versicherten wurden hierbei auch positive Übertragungseffekte betrachtet, die sich aus der Anlagetätigkeit der Pensionskassen ergeben. Zudem legt die Studie dar, welchen Effekt die Corona-Krise auf die berufliche Vorsorge hatte und welche Konse-quenzen sie künftig noch haben könnte. Darüber hinaus werden die grössten künftigen Herausforderungen der beruflichen Vorsorge sowie die aktuellen Reformbemühungen dargestellt. Im Folgenden finden Sie einige der wichtigsten Resultate dieser Studie.
Auszug aus der Studie
Die Zahl der Bezüger einer BV-Rente nimmt zu
Die berufliche Vorsorge ist ein bedeutender Bestandteil des
Schweizer Altersvorsorgesystems: Im Jahr 2020 bezogen etwa 840‘000 Personen eine Altersrente der beruflichen Vorsorge, 197‘000 eine Witwen- und Witwerrente und 114‘000 eine Invalidenrente. Für die Waisen-/Kinderrente lag zum Erstellungszeitpunkt noch keine Zahl vor, 2019 waren es jedoch ca. 59‘000 Bezüger.
Neben den Rentenzahlungen ermöglichen Pensionskassen oftmals auch Kapitalbezüge der angesparten Altersvermögen. Diese
Möglichkeit wird ebenfalls häufig wahrgenommen.
Im Jahr 2020 erhielten 53’000 Personen eine Kapitalleistung der
beruflichen Vorsorge. Diese Kapitalleistungen betrugen im Durchschnitt etwa 190'000 CHF.
Hauptsächlich bedingt durch die Altersstruktur der aktiven Versicherten stieg die Zahl der Altersrentenbezüger in der Vergangenheit
deutlich. Noch im Jahr 2010 gab es weniger als 600'000 Bezüger
einer BV-Altersrente. Bis 2020 kamen somit ca. 240'000 Bezüger
hinzu. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich noch fortsetzen.
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Schwerwiegende Altersarmut ist in der Schweiz seltener als in den Nachbarländern
Das Ziel der beruflichen Vorsorge ist es, der Bevölkerung gemeinsam mit der ersten Säule der Schweizer Altersvorsorge – der AHV – einen angemessenen Wohlstand im Alter zu sichern und Altersarmut zu vermeiden.
Insbesondere gravierende Fälle von Altersarmut werden in der Schweiz erfolgreicher verhindert als in den Nachbarländern.
Zwar ist der Anteil der Menschen im Rentenalter, denen weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens zur Verfügung stehen und die daher als armutsgefährdet gelten, in der Schweiz höher. Gleichzeitig ist jedoch ein deutlich geringerer Anteil der älteren Menschen ausserstande, grundlegende materielle Bedürfnisse zu befriedigen.
Solche schweren Fälle von Altersarmut kommen in den Nachbarländern der Schweiz deutlich häufiger vor.
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Altersvermögen der beruflichen Vorsorge übersteigen die Billionengrenze
Im Rahmen der beruflichen Vorsorge werden die eingezahlten Gelder eines jeden Versicherten am Kapitalmarkt angelegt, um die späteren Rentenzahlungen zu finanzieren. Die auf diesem Wege insgesamt in der beruflichen Vorsorge kumulierten Altersvermögen überstiegen im Jahr 2019 erstmals die Billionengrenze. Ende 2020 betrug der Ge-samtwert der Vermögensanlagen 1'062 Mrd. CHF. Das entsprach in etwa dem Anderthalbfachen des Schweizer Bruttoinlandprodukts.
Es ist Aufgabe der Pensionskassen, diese Gelder zu verwalten und zugleich rendite- und risikogerecht anzulegen. Sie nutzen dazu so-
wohl inländische als auch internationale Vermögensanlagen. Mit
jeweils etwa 30 Prozent des Anlagevermögens waren Aktien und
Obligationen im Jahr 2020 weiterhin die wichtigsten Anlageklassen. Doch auch am Immobilienmarkt sind die Pensionskassen inzwischen ein bedeutender Akteur: Gut 20 Prozent des Anlagevermögens waren 2020 in Immobilien investiert – grösstenteils in der Schweiz. Durch ein Investitionsvolumen von etwa 400 Mrd. CHF im Ausland wird die Schweizer Altersvorsorge ferner nicht nur durch die eigene, sondern zum Teil auch durch die zukünftige volkswirtschaftliche Leistung
anderer Länder gedeckt.
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Nur wenige Länder verfügen über ähnliche hohe Vorsorgevermögen wie die Schweiz
Nahezu alle Industrienationen erleben eine Alterung der Bevölkerung. In Ländern, deren Altersvorsorgesysteme grösstenteils umlagefinanziert aufgebaut sind, müssen dadurch die Beiträge einer kleiner
werdenden Erwerbsbevölkerung die Renten einer grösser werdenden Rentenbevölkerung finanzieren. Viele Länder reagierten auf diese Herausforderung, indem sie stärker auf kapitalgedeckte Renten
setzten.
Die Schweiz weist diesbezüglich eine gute Ausgangssituation auf. Im internationalen Vergleich gehört sie zu den Ländern mit den grössten Vorsorgevermögen. Von den europäischen OECD-Ländern verfügten 2019 lediglich Dänemark, die Niederlande und Island in Relation zum BIP über höhere Altersvermögen. Gleichzeitig verfügt die Schweiz mit der AHV aber auch über eine starke erste Säule.
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Die Corona-Krise führte nur kurzfristig zu Unterdeckung bei den Pensionskassen
Zu Beginn der Corona-Krise kam es zu einem weltweiten Einbruch an den Börsen. Dieser Einbruch wirkte sich kurzfristig auch auf die im Rahmen der beruflichen Vorsorge angelegten Gelder aus: Der Buchwert der Altersvermögen sank im Frühjahr 2020 rapide. Infolgedessen gerieten zahlreiche Pensionskassen in Unterdeckung. Aufgrund der weltweit ergriffenen Massnahmen zur Eindämmung der
Pandemie bei gleichzeitig massiver finanzieller Unterstützung der
Wirtschaft kam es jedoch bereits ab dem zweiten Quartal 2020 zu
einer raschen Kurserholung. Entsprechend verbesserte sich auch die Situation der Pensionskassen schnell wieder. Bereits Ende September war ihr durchschnittlicher Deckungsgrad fast wieder auf dem
Vorkrisenniveau. Ende Juni 2021 waren nur noch 0.6 Prozent der
Pensionskassen in Unterdeckung.
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Demographische Entwicklung dürfte sich fortsetzen
Die erfreuliche Alterung der Bevölkerung führt auch in der Schweiz
zu längeren Rentenbezugsdauern und einer steigenden Zahl von Menschen im Rentenalter. Diese Entwicklung wird sich Prognosen zufolge fortsetzen. So geht das Schweizer Bundesamt für Statistik in seinen Prognosen davon aus, dass 2030 auf jede Person über 65
Jahren etwa 2.6 Personen im Erwerbsalter kommen werden.
Im Jahr 2020 waren es noch etwa 3.2. Davon betroffen wäre in
besonderem Masse die erste Säule, der umlagefinanzierte Teil der Schweizer Altersvorsorge: Weniger Erwerbstätige müssten die AHV-Rente eines Rentners stemmen. Die längeren Rentenbezugsdauern betreffen gleichwohl auch die berufliche Vorsorge.
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Ausblick 2022
2022 stehen die folgenden vorsorgepolitischen Themen im Fokus:
- BVG-Reform (und bzgl. Höhe des Referenzalters die AHV 21)
- Vermögensbewirtschaftung/ ESG-Thematik
- Weitere Vorlagen (u.a. „Optimierung BVG“ und Datenschutz).
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Wir stehen vor einem intensiven politischen Prozess. Es muss uns gelingen, das Parlament von den Vorteilen des Mittelwegs/ ASIP-Vorschlages zu überzeugen. Dieses Reformmodell verbessert die Situation der Versicherten mit tiefen Löhnen und der Teilzeitangestellten und stellt sicher, dass das Rentenniveau trotz Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzes weitgehend erhalten bleibt. Dies jedoch ohne unnötige Lohnabzüge.
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Der ASIP betont immer wieder, dass neben Anpassungen auf der Verpflichtungsseite auch die Bedeutung des dritten Beitragszahlers – der Vermögenserträge – nicht unterschätzt werden darf. Dafür braucht es aber keine weiteren Regulierungen; die Anlagepolitik ist Sache der paritätischen
Organe und sollte dies auch bleiben.
Im Fokus stehen aktuell vor allem Umwelt-, Sozial- und Corporate Governance-Aspekte (ESG-Kriterien). Pensionskassen sollten künftig gegenüber den Versicherten aufzeigen können, in welcher Form sie die ESG-Kriterien in ihren Anlageprozess einbauen. Wir werden in den kommenden
Monaten verschiedene Lösungswege eines praxisorientierten Reportings aufzeigen. -
Das Parlament berät 2021 die Vorlage „Modernisierung der Aufsicht in der ersten Säule und Optimierung in der zweiten Säule der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge“. Im Fokus stehen Bestimmungen zur Übernahme von Rentnerbeständen und zur Entschädigung von Vermittlungstätigkeiten. Der ASIP unterstützt die vorgeschlagenen Regelungen.
Schliesslich dürften per 1. Januar 2022 das revidierte Datenschutzgesetz sowie die Vorlage «Weiterentwicklung der IV» in Kraft treten. Zu beiden Vorlagen werden wir entsprechende Fachmitteilungen verfassen. -
Es ist uns ein zentrales Anliegen, Sie weiterhin mit stets aktualisierten Inhalten und umfassenden Informationen auf unserer neu gestalteten Website zu unterstützen. Zudem hoffen wir alle, dass im laufenden Jahr sowohl in der Deutsch- als auch in der Westschweiz wieder Fachtagungen und Weiterbildungsveranstaltungen für Mitglieder des obersten Führungsorgans, für Geschäftsführer sowie Mitarbeitende von Pensionskassen physisch und vor Ort durchgeführt werden können. Auch wenn Webinare durchaus sinnvoll waren und sind, können sie den persönlichen Erfahrungsaustausch nie vollkommen ersetzen.
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Die heutige berufliche Vorsorge ist nach wie vor ein stabiles und funktionsfähiges System. Unsere Branche muss aber immer wieder die Vorteile der kapitalgedeckten beruflichen Vorsorge aufzeigen und den Tatbeweis erbringen, dass die berufliche Vorsorge auch weiterhin ein Erfolgsmodell für die Versicherten ist. Das wird uns nur dann gelingen, wenn die Leistungsversprechen glaubwürdig sind und nachhaltig eingelöst werden können. Zudem wird es immer wichtiger, die Stärken der beruflichen Vorsorge mit unseren Kommunikationsmassnahmen klar aufzuzeigen. Es gilt, dem ständigen Schlechtreden der zweiten Säule Einhalt zu gebieten. Es geht um die Zukunft der kapitalgedeckten, risikoausgleichenden, dezentral durchgeführten beruflichen Vorsorge. Bei diesem Vorhaben fühlt sich der ASIP durch die Ergebnisse einer gfs.bern-Umfrage bestärkt. Diese zeigt die grosse Akzeptanz des Mittelwegs/ ASIP-Vorschlages bei der Bevölkerung. Das gfs.bern hält fest, dass dieser Vorschlag „eine wichtige Brücke zwischen Links und Rechts“ schlägt.
In diesem Sinn engagiert sich der ASIP als Partner in der (sozial)politischen Meinungsbildung und bringt als Fachverband die Stimme der Branche ein. Es ist uns ein Anliegen, Ihnen für das uns entgegengebrachte Vertrauen, Ihre Unterstützung und die angenehme partnerschaftliche Zusammenarbeit zu danken.