21. September 2001
Die Pensionskassen als Effektenhändler
Diskriminierende Abgaben, höhere Verwaltungskosten
Von Hermann Walser, Präsident des Schweizerischen Pensionskassenverbandes
Anders als es die Absicht des Bundesrates war, haben die eidgenössischen Räte in der Dezembersession 2000 im Rahmen der Beratung der dringlichen Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe entschieden, an der Abgabepflicht der Pensionskassen festzuhalten. Mit dem Argument, gute Vermögenserträge und tiefe Vermögensverwaltungskosten würden mithelfen, die Beitragsleistungen von Arbeitgebern und -nehmern tief zu halten, wehrt sich der Präsident des Pensionskassenverbandes gegen diese Regelung. In der Botschaft für ein Bundesgesetz über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe vom 2. Oktober 2000 hat der Bundesrat nach gründlichen Vorabklärungen und auf Grund des Berichts einer Arbeitsgruppe den eidgenössischen Räten unter anderem beantragt, Geschäfte mit bestimmten institutionellen Anlegern, insbesondere auch den Pensionskassen, von der Umsatzabgabe zu entlasten. Das Parlament ist diesen Vorschlägen nicht gefolgt, sondern hat am 15. Dezember 2000 eine Gesetzesversion verabschiedet, mit welcher die bestehende Abgabepflicht bestätigt wurde. Zusätzlich wurden die schweizerischen Pensionskassen generell zu Effektenhändlern erklärt. Dies offensichtlich in der Absicht, damit die Abwanderung von Wertschriftentransaktionen auf ausländische Banken bzw. Effektenhändler soweit als möglich zu verhindern. Umgekehrt sind dagegen ausländische institutionelle Anleger, insbesondere ausländische Pensionskassen, sowie inländische und ausländische Anlagefonds von der Abgabe befreit worden.
Knapper Entscheid der WAK
Das Steuerpaket 2001 hat unter anderem auch zum Ziel, die provisorischen und zeitlich befristeten dringlichen Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe ins ordentliche Recht zu überführen. Wie der bundesrätlichen Botschaft vom 28. Februar 2001 entnommen werden kann, hat die Landesregierung in diesem Bereich ihre Meinung geändert. Sie beantragt nun den eidgenössischen Räten, die am 15. Dezember 2000 getroffenen Regelungen ins ordentliche Recht zu überführen. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrats ist diesem bundesrätlichen Antrag mit dem knappen Mehr von 12:11 Stimmen gefolgt. In der zweiten Woche der in Angriff genommenen Herbstsession wird der Nationalrat als Erstrat über diese Massnahmen, die Teil des Steuerpakets 2001 sind, befinden. Vorsorgeeinrichtungen treten zwar als Käufer und Verkäufer von abgabepflichtigen Wertschriften auf. Sie machen dies aber nicht als professionelle Händler, sondern als Investoren, die eine möglichst optimale Vermögensanlage anstreben. Vorsorgeeinrichtungen leben nicht vom Wertschriftenhandel, sondern vom guten Ergebnis ihrer Vermögensanlagen, das sie im Interesse der Versicherten und der Arbeitgeber anstreben. Gute Vermögenserträge und eine gute Performance, verbunden mit günstigen Vermögensverwaltungs- und Transaktionskosten, leisten einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau guter Vorsorgeleistungen. Dies hilft mit, die Beitragsbelastung der Arbeitgeber und -nehmer in vernünftigen Grenzen zu halten. Unter diesem Gesichtswinkel wird von den Pensionskassen nicht verstanden, warum sie jetzt in diskriminierender Art und Weise weiterhin der Abgabepflicht unterstellt bleiben sollen und zudem als Folge des neuen Status von Effektenhändlern mit höheren Vermögensverwaltungskosten rechnen müssen. Als Effektenhändler haben die Vorsorgeeinrichtungen die Abgabepflichten zu erfüllen, die im Bundesgesetz über die Stempelabgaben und in der zugehörigen Verordnung festgelegt sind. Soweit die Transaktionen mit steuerbaren Urkunden ausschliesslich über im Inland domizilierte Banken oder Effektenhändler getätigt werden, kann die Abgabepflicht zwar an diese delegiert werden. Da aber, anders nach bisherigem Recht, die Vorsorgeeinrichtung abgabepflichtig ist, muss realistischerweise damit gerechnet werden, dass die inländischen Banken und Effektenhändler für diese übertragene Abrechnungs- und Abgabepflicht höhere Verwaltungsgebühren erheben werden.
Höherer Verwaltungsaufwand
Die grossen autonomen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Pensionskassen haben in den letzten Jahren ihre Vermögensanlagetätigkeit vollständig professionalisiert. Um gute Marktchancen für ihre Versicherten auszunützen, arbeiten sie schon länger auch mit ausländischen Banken und Effektenhändlern zusammen. Für die in diesem Bereich anfallenden Wertschriftentransaktionen fallen nun zusätzliche Umsatzabgaben an, die von den grossen autonomen Pensionskassen auf 10 bis 20 Millionen Franken pro Kasse und Jahr geschätzt werden. Dazu kommt, dass die Pensionskassen in diesem Bereich neu selber ein Umsatzregister zu führen und die Abrechnungspflichten zu erfüllen haben. Dies ist auf jeden Fall mit höheren Verwaltungskosten verbunden. Wie weit diese für Pensionskassen unvertraute Aufgabe delegiert werden kann, erscheint fraglich und praktisch nur dort möglich, wo die Pensionskasse mit einem schweizerischen Global Custodian zusammenarbeitet. Ausländische Banken und Effektenhändler werden weder in der Lage noch bereit sein, die Registerführung und die Abrechnung der Abgaben für einen aus ihrer Sicht ausländischen Fiskus zu übernehmen. Und selbst dort, wo ein schweizerischer Global Custodian diese Aufgaben übernimmt, wird er sie mit Sicherheit nicht gratis ausführen, sondern den entsprechenden Aufwand der Pensionskasse in Rechnung stellen. Wenn der Bundesrat seine gegenüber dem letzten Jahr geänderte Haltung mit der Feststellung begründet, die Pensionskassen würden faktisch keiner neuen Steuer unterworfen, ist dies somit nicht zutreffend. Diese Auffassung übersieht die Realität, dass grosse schweizerische öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Pensionskassen auch mit ausländischen Banken und Effektenhändlern zusammenarbeiten, so dass die über diese abgewickelten Wertschriftentransaktionen effektiv zu neuen Steuern führen. Zudem führt die neue Stellung als Effektenhändler dazu, dass auf Grund der damit verbundenen Pflichten mit Sicherheit höhere Verwaltungskosten anfallen. Im Interesse der Erhaltung eines attraktiven Finanzplatzes Schweiz hat der Gesetzgeber unter anderem die ausländischen Pensionskassen und die in- und ausländischen Anlagefonds von der Stempelabgabe befreit. Es wird von den Vorsorgeeinrichtungen und ihren Versicherten schlechthin nicht verstanden, warum ausländische Pensionskassen von der Abgabe befreit sind, während die Umsatzabgabepflicht für inländische Pensionskassen nicht nur im bisherigen Rahmen aufrechterhalten bleibt, sondern sogar noch ausgedehnt wird auf Transaktionen über ausländische Banken bzw. Effektenhändler. Es erscheint als klar diskriminierende Massnahme, wenn ausländische Vorsorgeeinrichtungen mit ihren Versicherten fiskalisch begünstigt werden, während den schweizerischen Pensionskassen mit ihren Versicherten verunmöglicht wird, Wertschriftentransaktionen zu gleich günstigen Bedingungen abwickeln zu können.
Inakzeptable Begründung
Diese rechtsungleiche Behandlung schweizerischer gegenüber ausländischen Pensionskassen beruht einzig auf finanzpolitischem Opportunismus und wird ganz offen mit dem Argument begründet, die Abgabepflicht für die schweizerischen Pensionskassen könne deshalb vorläufig beibehalten werden, weil die Pensionskassen sich ihr nicht entziehen können. Wenn eine krass ungleiche und diskriminierende Massnahme vom Gesetzgeber auf derart opportunistische Weise begründet wird, muss dies nicht nur von allen in der 2. Säule versicherten Personen, sondern vor allem auch von denjenigen, die sich seit Jahren für eine optimale Ausgestaltung der Vermögensverwaltung ihrer Pensionskasse eingesetzt haben, als schockierend empfunden werden. Eine weitsichtige Lösung für die Zukunft kann nur darin liegen, die schweizerischen institutionellen Anleger, insbesondere auch die Pensionskassen, gemäss dem ursprünglichen bundesrätlichen Konzept von der Umsatzabgabe zu befreien. Nur so wird es möglich sein, die Stellung des Finanzplatzes Schweiz und der schweizerischen Banken als attraktive Partner von Pensionskassen für Wertschriftentransaktionen auf Dauer aufrechtzuerhalten. Die Schweiz wird sich der voll im Gang befindlichen Globalisierung der Kapitalmärkte nicht entziehen können, und ebenso wenig den von der EU mit einer neuen Richtlinie zur betrieblichen Altersversorgung angestrebten Möglichkeiten für eine grenzüberschreitende Vermögensverwaltung und -verwahrung sowie eine grenzüberschreitende Tätigkeit der Vorsorgeeinrichtungen. Es ist zu hoffen, dass sich die eidgenössischen Räte diesen Überlegungen nicht einfach entziehen. Es darf abschliessend auch daran erinnert werden, dass die Leistungen der Pensionskassen ab dem Jahr 2002 uneingeschränkt steuerbar werden. Gute Vorsorgeleistungen, die nicht zuletzt dank guten Vermögenserträgen und niedrigen Vermögensverwaltungskosten ausgerichtet werden können, liegen im Interesse des schweizerischen Fiskus und kompensieren den Wegfall der auf Dauer ohnehin nicht mehr zu haltenden Stempelabgaben.